Die Salzpiratin by Maly Beate

Die Salzpiratin by Maly Beate

Autor:Maly, Beate [Maly, Beate]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Hist. Krimi
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 2017-11-19T23:00:00+00:00


KAPITEL 18

Lager der Salzpiraten, 952

Steffen lag reglos auf dem kalten, feuchten Erdboden und starrte auf die niedrige Decke aus notdürftig zusammenbauten Ästen, Schilf und Tannenzweigen. Endlich hatte es zu regnen aufgehört. Das ewige Prasseln war zu Ende, dafür klatschten nach wie vor dicke Tropfen von den Baumspitzen neben der Hütte auf das Dach seines verhassten Gefängnisses.

Maria hatte keine Mohnpaste mehr gefunden und ihm stattdessen einen bitteren Kräutertrank verabreicht, der zwar schrecklich geschmeckt, seine Schmerzen aber nicht im Geringsten gemindert hatte. Wie nach dem Schlag auf den Kopf hatte er erneut sein Bewusstsein verloren, als sie sein Gelenk mit einer geschickten, kurzen Bewegung wieder zurechtgeschoben hatte. Für einen Moment hatte er geglaubt, die Welt für immer verlassen zu müssen. Der Schmerz war durch seinen ganzen Körper geschossen, hatte sich tief in sein Gehirn gebrannt und ihm die Luft zum Atmen genommen. Danach war er in einen Halbschlaf gesunken, der ihm merkwürdige Träume beschert hatte. Die Erinnerung daran verwirrte ihn immer noch. Er hatte sich selbst im Ornat eines Priesters gesehen, der von der Kanzel gepredigt und den Kelch Christi an die Lippen gesetzt hatte. Kaum hatte er das Gefäß wieder weggestellt, war eine Frau zu ihm getreten. Sie war jung gewesen, hatte kurzgeschnittenes, blondes Haar und den drahtigen Körper eines Jungen gehabt. Ihr Gesicht war von unzähligen Sommersprossen überzogen gewesen, und ihre Augen hatten die Farbe funkelnder Bernsteine gehabt. Plötzlich hatte sich ihr wunderschönes Gesicht in das von Abt Anselm verwandelt. Sein ehemaliger Lehrer hatte ihn drohend angesehen und mit erhobenem Zeigefinger auf ihn gezeigt. »Vergiss nicht, dass du dein Leben der Kirche verdankst. Du bist es Gott schuldig, ihm zu dienen.« »Aber ich kann ihm auf tausend verschiedene Arten dienen, ich muss nicht Priester werden!«, hatte Steffen erwidert. Zur Antwort hatte Anselm ihm mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Sein schwerer, goldener Ring hatte eine tiefe Wunde hinterlassen.

Schweißgebadet war Steffen erwacht, hatte sich mit der unverletzten Hand an die Wange gegriffen, um das warme Blut wegzuwischen, aber es war weder eine Verletzung noch frisches Blut da gewesen. Alles, was er ertastet hatte, war eine alte, winzige Narbe gewesen. Teil eines anderen Lebens.

Jetzt sah er an seinem Körper entlang. Maria hatte seine Handfesseln gelöst und sein verletztes Gelenk geschient. Sie war eine wundervolle Heilerin, die nicht nur über enormes Wissen verfügte, sondern es auch verstand, mit ihren Händen zu beruhigen. Was für eine Verschwendung, dass sie hier bei den Piraten lebte, statt ihr Wissen in einer Stadt den Menschen zur Verfügung zu stellen.

Vielleicht zeigte ihr Kräutertrank doch Wirkung. Solange Steffen weder die Hand noch den Arm bewegte, waren die Schmerzen erträglich. Auch seine Füße waren nicht mehr gefesselt. Die alte Frau hatte auch sie gelöst und stattdessen beide Fußgelenke einzeln mit je einem doppelten Strick an einen alten Wurzelstock in einer der Ecken der Hütte festgebunden. Auf diese Weise gewann Steffen ein bisschen Bewegungsfreiheit. Außerdem hatte man einen der Piraten vor die Hütte gesetzt. Der Mann sollte aufpassen, dass Steffen nicht entkam.

Ein schwerer Wassertropfen fiel direkt auf seine Stirn. Er wischte ihn mit der unverletzten Hand weg.



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